Bremen Classic Motor Show 2023

eine Nachbetrachtung von Hartwig Rietz

Um die Zeit im Winter etwas schneller vergehen zu lassen folgt hier für die, die nicht dort sein konnten, eine Ansammlung von Eindrücken der Bremen Classic Motorshow 2023 ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Da meine fotografischen Fähigkeiten nicht besser geworden sind und das Netz prima Bilder bereithält, hier der offizielle Link:

https://www.classicmotorshow.de/

Erstmalig konnten Interessenten von einem normalen Messeverlauf nach der Pandemie ausgehen und so stand der Fahrt nach Bremen nichts entgegen, die Saison ist eröffnet. Die Messe hat sich seit Jahren etabliert, zieht Besucher aus einem großen Einzugsbereich, auch bis nach Skandinavien, an und hat trotz vieler nicht so schöner Verkaufsstände, die über die Zeit hinzugekommen sind, wirklich viel zu bieten – ein Tag ist für den „gründlichen“ Besucher nicht genug. Da wir nicht so gründlich sind und der Spaß im Vordergrund steht, sind wir nach problemloser Anreise am Freitag, dem ersten Messetag, direkt ins Getümmel gestürzt. Dem Gefühl nach waren sowohl seitens der Besucher als auch bezüglich der Aussteller/Anbieter ca. 80% des Vor-Coronaniveaus erreicht – angenehmes Bummeln ohne das blöde „zu voll“ Gefühl, aber auch genug zum Ansehen.

Ein schöner Stand hatte klassische US-Pick-up Trucks im Angebot, schräg gegenüber standen Muscle Cars wie Plymouth Satellite mit 440er Motor oder ein früher Pontiac GTO. Ob original oder erst später so gebaut mag dem ernsthaften Interessenten als Rechercheaufgabe verbleiben – als Einstieg in die Messe waren die kernigen V8-Brenner ein echter Hingucker. Ein weißer E-Type, der einen sehr guten Eindruck machte, lauerte um die Ecke, dazu die üblichen 911er. So mancher hatte Spaltmaße zum Schaudern, Corona hat die Blender nicht vom Markt verdrängt. Insgesamt waren nach unserem Eindruck weniger Autos als sonst im Angebot, aber immer noch in reichlichem Maß. Viele gute Club-Stände gab es, gerade Mercedes-Liebhaber kamen hier auf ihre Kosten.

Die Sonderschau, die es alljährlich mit wechselndem Thema gibt, stellte diesmal die einfache Version einer Baureihe dem Spitzenmodell gegenüber, wie zum Beispiel beim Capri I die Einstiegsmotorisierung (da musste man den Motor unter der langen Haube wirklich suchen) gegen den RS 2600 oder beim Renault R5 den kleinen Freund gegen den R5 Turbo mit Mittelmotor. Spannend.

Ein Stand war für uns besonders eindrucksvoll, dort waren „Brot und Butter“-Autos der Vergangenheit in sehr gutem Zustand zu sehen; Autos, die viel schwerer zu finden sind als ein Ferrari Daytona oder ein Mercedes Flügeltürer. Wann war das letzte Mal ein Simca 1501 in freier Wildbahn zu sehen? Er stand neben einem Fiat, ähnlich dem von Jochen S. (Name von der Redaktion bis zur Unkenntlichkeit verfremdet). Ebenso fand sich ein hellblauer VW Variant, wann ist der uns das letzte Mal über den Weg gelaufen? Die Liste ließe sich fortsetzen, an einem anderen Stand fand sich ein Fiat Panda, klasse! Diese Alltagsautos, von denen vermutlich nur wenige überlebt haben, scheinen ein Trend zu sein. Ein Trend, der sicher viel Freude macht, wenn Autos aus der eigenen Jugend, die schon vergessen waren, in vollem Glanz wieder auftauchen. Und ein Simca 1501 –es war übrigens ein „Automatique“- ist bei einer Veranstaltung allemal schöner als die 32te Pagode oder der 25te 911er.

Jeder konnte etwas nach seinem Geschmack finden, die BMW 02 Abteilung war gut vertreten, aber auch alles andere wie Porsche, Mercedes, Volvo – es war eine gute Bandbreite im Angebot bzw. zu bestaunen. Triumph TR 6, MG TD, Citroen Gangsterlimousine, Citroen DS bzw. ID – nichts fehlte. Ein Toyota HJ 60? Vorhanden.

Das üblicherweise gute Angebot in dem sehr zugigen Parkhaus haben wir uns dieses Jahr geschenkt, darüber werden sicher andere berichten. Klick!

Persönliche Favoriten herauszupicken ist immer schwer, aber der Pontiac GTO oder der blaue Volvo Amazon Kombi waren schon verlockend. Oder doch der weiße E-Type? Oder das verchromte Rickert Bahn-Rennrad aus den 70ern? Oder eine der vielen klassischen Vespas, gerne mit Beiwagen? Oder eine MV Agusta? Die Qual der Wahl…

Bei den Club-Ständen stach für uns der Porsche 968 Club heraus, sehr freundlich wurden uns alle Fragen zu diesem großartigen Sportwagen beantwortet. Hier haben die Preise allerdings schon angezogen; dass das Auto toll ist, haben mittlerweile viele herausgefunden.

Natürlich gab es auch die üblichen Stände für Firlefanz, aber auch ernst zu nehmendes Werkzeug, Teile und Automobilia. Letzteres sogar in guter Qualität, dann aber zu entsprechenden Preisen. Gut und billig ist und bleibt in allen Bereichen eine Illusion, so auch in Bremen.

Traditionell hat Bremen ein Herz für Zweiräder und so waren Motorräder in allen Ausprägungen und eine wirklich gute Ausstellung von klassischen Rennrädern zu sehen. Ein Messetag in Bremen geht im Flug vorbei und so war die Saisoneröffnung mehr als gelungen. Alle sonstigen Klischees wurden selbstverständlich komplett bedient wie z. B. teures, aber schlechtes Essen, der traurige Anbieter von Politur, dem keiner zuhört, die Tische voll Schrott, in dem vielleicht ein Schatz lauert, Aufkleber ohne Sinn („Echte Männer fahren Hyundai“), reihenweise Automodelle, die keiner mehr sucht – es war alles da. Und ohne diese schrulligen Besonderheiten wäre es doch keine Messe.

Also, Bremen war toll, ganz klar eine Reise wert und der Pandemie-Wahnsinn ist endlich vorbei. Nächstes Jahr gerne wieder!

Bilder von Dr. No.