Die Veranstaltungen des MSC Rothenuffeln haben wir 2020 und 2021 kennen und lieben gelernt: Auf der einen Seite sehr innovativ kontaktlos mit Laptop auf dem Schoß bei der kontaktlosen Ori, aber auch sehr stimmungsvoll bei der Wiehenfahrt. Nun also soll es (ebenfalls kontaktlos) eine Nacht-Ori durchs Moor geben!

Moment, nachts mit dem Kraftfahrzeug orientierungslos durchs Moor? Das klingt schon etwas gruselig und nicht erst seit der Matsch- und Schlamm-Fahrt genannt „Reha-Winter-Ori“ wissen wir, dass das Ankommen nicht immer selbstverständlich ist…

Was mir beim Begriff „Nacht Ori im Moor“ einfällt…

Moorleiche 1, Orientierungsfahrt 1959, noch vor dem Mauerbau …

Bergung einer Moorleiche …

Moorleiche 2, 40 km Fischgräte in der Nacht nicht erfolgreich beendet…

Im Rahmen der Ausschreibung werden potenzielle Teilnehmer schon einmal vorgewarnt: „Bei der 2. ADAC Moor Fahrt handelt es sich um eine Nacht-Orientierungsfahrt. Wer teilnehmen möchte, sollte sich darüber im klaren sein, dass die Navigation hauptsächlich nach, teilweise auch schwierigeren Kartenaufgaben, erfolgt. Ebenso kommen Chinesenzeichen und Fischgräten zum Einsatz.Alle Teilnehmer sollten sich im Vorfeld mit dem Lösen solcher Aufgabenstellungen vertraut machen.“ So klar und deutlich hat schon lange mehr kein Fahrtleiter seine Veranstaltung „beworben“. Schön auch der Hinweis auf „einschlägige Fachliteratur“ (danke dafür). Denk´ ich an Fischgräte bei Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht. Aber vielleicht ist es nicht direkt so eine Monster-Fischgräte wie bei Kirschbaum junior in Aachen… ? Man darf ja noch hoffen…

Die Anreise von Münster aus ins Wiehengebirge gestaltete sich unkompliziert in ca. 1:15 Std., allerdings „erfuhr“ man auch einen Temperaturunterschied von gefühlt mindestens 10 Grad. Konnte man Nachmittags in Münster noch bei ca. 19 Grad auf dem Balkon sitzen, war es in Rothenuffeln doch empfindlich kalt und dunkel wurde es auch schon. Moorwetter halt. Wie üblich, waren bei meinem Eintreffen die üblichen Verdächtigen schon da. Es gab 21 Nennungen, darunter 8 Oldtimer (die in einer eigenen Klasse fuhren). Sehr viele erfahrene Teams und Experten dabei, auch viele Fahrtleiter anderer Veranstaltungen. Aufgrund der doch etwas entspannten „Corona-Verordnungs-Lage“ gab es eine echte (kurze) Fahrerbesprechung gegen 18:15 Uhr. Insbesondere ging der Fahrtleiter auf die angekündigte geheime Schnittüberwachungskontrolle (kurz: SÜK) ein. Diese hatte im Vorfeld wohl so einigen Teilnehmern Kopfzerbrechen bereitet. An genau einer Stelle wurde der geforderte Schnitt von 28 km/h überwacht, und zwar so geheim, dass man die Kontrolle garantiert nicht bemerkt. Für die Abweichung sollte es dann Strafpunkte geben, jedoch maximal 10 Punkte, was genau einer Fehlkontrolle entspricht: Klar, diese SÜK diente der Auflockerung und vor allem einer Wertung bei Gleichstand in den Ori-Kontrollen.

Auch angesichts des Fahrerbriefes, den man direkt mit seinen Unterlagen „in der Tüte“ bekam, wurde schnell klar, hier kam es natürlich auf die Orientierung an (was anderes hätte ja auch überrascht!). Auf immerhin 3 Seiten wurde das Regelwerk erläutert: durchgängig Einbahnstrassensystem, nur doppellinig, amerikanisches Abbiegen erlaubt, immer kürzeste Strecke von Aufgabenteil zu Aufgabenteil, etc. Etwas aufmerken liessen die Bestimmungen zu den Chinesen (von Punkt zum Pfeil, sowie „Nummerierung findet sich links bzw. links unten“). Das waren doch Hinweise auf getarnte Fischgräten und Spiegelungen… Kontrollschilder als Baumaffen rechts am Weg, gelbe Ortseingangsschilder rechts und link, dazu DK. Hinweis: es kann Negativkontrollen geben. Soso 🙂

10 Minuten vor Start gab es dann die Aufgaben und um 18:43 Uhr starteten wir mit der Startnummer „13“ auf die Strecke. Zu Glück kannte ich die Örtlichkeiten, die dann folgen sollten, doch noch recht gut aus den Teilnahmen an der Wiehenfahrt ´21 und der virtuellen Ori ´20. Man macht trotzdem Fehler, aber fühlt sich nicht so „fremd“ unterwegs.

In Fahrauftrag 1 ging es ersteinmal gar nicht ins Moor, sondern auf eine große Schleife über den Kamm des Wiehengebirges und über Bergkirchen zurück. Zwei Fallen waren hier eingebaut, einmal „Fahren Sie zwischen Aufgabenteil 6 und 11 den zweit-kürzesten Weg“ (der ging über einen Parkplatz) und dann war rechts unten noch ein kleiner roter Punkt versteckt. Hier stand dann auch die erste Stempelkontrolle, wo man eine „Ente“ bekam. Ente? Das war jetzt hoffentlich nicht das Pendant zum „Kamel“ in Remscheid?? Nein, wir waren noch richtig unterwegs…

Nach einer kleinen Transportetappe mittel kilometrierten Chinesen wurden dann in FA 3 erste „Spuren“ in Rothenuffeln gelegt (hier sollte man später wieder vorbei kommen und musste dann auf die Gegenläufigkeit achten). Aber alles noch gut lösbar. Mhm. Bisher alles eigentlich ziemlich einfach, oder?

Im Fahrauftrag 4 ging es dann über den Mittelland-Kanal in Richtung Norden. Bereits bei der virtuellen Ori war hier eine Schleife eingebaut. So auch jetzt. Allerdings, nun war die Schleife gleich DREImal zu fahren. Trickreich war ein kleiner Chinese in der Karte versteckt und auch eine Kreuzung war manipuliert worden, so dass es ein „Abzweig rechts“ wurde.

Danach ging es durch Hartum und am Kreisverkehr hing eine „31“, die man leider kaum erkennen konnte, aber mehrfach aufschreiben musste. Mit zunehmender Dunkelheit wurden die Baumaffen immer schlechter erkennbar. Auf der einen Seite logisch, da nachts alle Schilder grau sind. Auf der anderen Seite nutzen aber Nacht-Ori-Veranstalter i.d.R. Schilder, die zumindest in Teilen reflektieren, und die so gut erkennbar sind. Nicht so in Rothenuffeln: hier gab es die „normalen“ Schilder. Im weiteren Verlauf zeigte sich hier ein (unser?) grosses Problem. Die Schilder hingen ausserhalb des Scheinwerferkegels (beim Oldtimer eh nicht so toll) und waren oft nur auf den letzten Blick zu erfassen. Tatsächlich haben wir so wohl auf der korrekten Strecke mehrere Schilder übersehen.

Abgesehen davon wurden jetzt die Zügel etwas angezogen und der Schwierigkeitsgrad nahm zu. Östlich von Hartum war in einem Gewerbegebiet noch ein kleiner roter Punkt versteckt. Die „33“ haben wir sofort gesehen. Danach stand relativ direkt die nächste Stempelkontrolle (DK). Aber, Achtung! 33 ist eine sog. Schnapszahl und somit eine Wendekontrolle! Also, DK negativ und somit vorher wenden! (Wer hier dennoch an die DK fuhr, bekam einen wunderbaren „Kack“-Stempel, also die unschöne Variante vom Kamel…).

Nach dem Wenden hiess es, die Gegenläufigkeit zu minimieren. Also links die kleine Schleife an den vielen parkenden LKW vorbei. Nur: warum hing hier kein Schild? Diese Stelle sind wir zwei Mal abgefahren und haben das Schild in der Dunkelheit mit den Augen gesucht – aber nicht gefunden. Später haben wir erfahren, dass hier tatsächlich eine „16“ hing, angeblich gut erkennbar ?! Mist.

Im Fahrauftrag Nr. 6 hatten dann „endlich“ die angekündigten Fischgräten ihren ersten Auftritt. Und das gleich mehrfach. Die Fischgräte ist in Oldtimerfahrerkreisen berühmt-berüchtigt und irgendwie ist schon der Name etwas ekelig. Hier, zwischen Hartum und Holzhausen (wieder viele „H“ in der Bordkarte zu notieren), wurden die Regeln dazu noch erweitert: Einbahnstrassenprinzip aufgehoben und auch gegen Pfeile durfte gefahren werden. Jetzt höchste Konzentration! Relativ schnell wurde klar, was der Fahrtleiter vorhatte und so war auch diese Aufgabe lösbar. Dumm nur, dass wir auch hier bei der zweiten Durchfahrt bemerkten, dass wir eine „02“ übersehen hatten. Verdammte Schilder!

Danach kam mit Fahrauftrag 7 wohl „der“ Höhepunkt dieser Nacht-Ori. Nach dem A sollte man bis zum E immer abwechselnd Pfeil – Punkt – Pfeil – Punkt usw. fahren. Bei insgesamt 24 verschachtelten Aufgabenteilen schon ziemlich herausfordernd. Dann stand aber noch mitten drin eine Wendekontrolle!!! Fuck. Jetzt wieder alles von vorne neu durchplanen.Der Rest der Aufgabe machte aber so auf einmal durchaus mehr Sinn. Zumindest bis Nordhemmern, da war die Idealstrecke durch ein „Nur Anlieger“ – Schild gesperrt. Also wieder neu ausarbeiten. An dieser Stelle bekam ich zum ersten Mal diesen „Och nööö“-Gedanken. Zusammenreissen, konzentrieren und weiter drei Schleifen durch den Ort und dann zum E. Ging doch.

Im FA 8 ging es wieder zurück über den Kanal und eine weitere Fischgräte wies uns den Weg durch das Moor. Rechts und links Sumpf, also ging es relativ „straight“ geradeaus. Aber Obacht, westlich von Unterlübbe war ein weiterer kleiner roter Punkt auf einem Parkplatz versteckt. Hier stand dann DK 3 und am E eine Wendekontrolle (22).

Wie wir später im Ziel erfuhren, hatte der Fahrleiter direkt danach noch eine weitere Wendekontrolle platziert (88), die aber – unseres Erachtens – überhaupt nicht auf der Idealstrecke lag (längere Gegenläufigkeit) und nur unter der Maßgabe „überall können Wendekontrollen sein“ anzufahren war. Diese Kontrolle wurde dann später fairerweise neutralisiert.

Früher habe ich mich darüber amüsiert, aber diese Stirnlampen
sind bei einer Nacht-Ori wirklich sehr hilfreich.

Spieglein Spieglein an der Wand,
wer hat den schönsten gespiegelten Chinesen im Land?

Auf zum Grande Finale in Fahrauftrag 9. Hier musste mit Gegenläufigkeiten gerechnet werden, war man doch in dieser Region schon in FA 2 unterwegs gewesen. Und tatsächlich, natürlich hatte der Fahrtleiter eine solche Falle eingebaut. Aber nicht nur das, es gab auch noch einen gespiegelten Chinesen. Dieses Mal die „9 „und nicht die „8“, und obwohl ich das bei der Winter Ori selber (!) angewendet habe, wäre ich beinahe mal wieder selbst drauf reingefallen. Gut, wenn man einen Fahrer hat, der mitliest und mitdenkt! Kurzer Blick auf die Uhr… noch 14 Minuten Restzeit, also husch-husch in Richtung Ziel brettern. Moment, moment! Ganz am Ende war doch tatsächlich die Karte noch einmal manipuliert worden. Satan, also eine weitere Schleife fahren und mit exakt 5 Minuten Vorzeit im Ziel, wieder am Kurhaus angekommen.

Im Pivitskrug gab es dann für schlanke 15 EUR p.P. noch ein nächtliches Buffet zur Stärkung und natürlich die üblichen Diskussionen zwischen den Teilnehmern, was man nun wo richtig, falsch oder anders gemacht hatte. Alte Beifahrer-Weisheit: Hast Du ein gutes Gefühl, dann ist das Ergebnis am Ende schlecht. Ja, so war das auch heute: gefühlt überall Idealstrecke gefunden, allerdings mindestens 2 Kontrollen in der Dunkelheit nicht gesehen. Lt. Musterbordkarte hatten wir aber ca. 12-13 Fehler. Oje. Allerdings wurden aber in der Nacht selber noch Neutralisierungen und die Berücksichtigung von Folgefehlern angekündigt. Wir werden also abwarten, was am Ende rausgekommen ist. Denn eine Auswertung oder Siegerehrung gab es in der Nacht natürlich nicht mehr. Dafür Antritt der Heimreise und gegen 0:30 Uhr war ich dann wieder Zuhause…

Die Ergebnisliste kamen dann am späteren Sonntag. Und siehe da: mit Platz 1 in der Oldtimerwertung und Platz 3 gesamt können wir doch sehr zufrieden sein. Vor allem, da wir doch einige Schilder übersehen haben, auf der korrekten Strecke. Und zwar nicht nur die Baumaffen, nein, wir haben sogar Ortseingangsschilder übersehen. Insofern relativiert sich auch meine Kritik an den schlecht sichtbaren Schildern etwas. Manchmal ist man halt auch selber blöd bzw. blind. Nachts ist es aber auch etwas schwieriger. Das zeigte sich auch insgesamt bei den Ergebnissen. Stichwort Favoritensterben. Viele der Expertenteams landeten im Mittelfeld oder gar auf den hinteren Rängen…

Fazit:

Eine wirklich sehr gut organisierte Fahrt mit einer schönen und abwechslungsreichen Streckenführung. Das Moor war weniger schlimm, als gedacht und stecken bleiben konnte man auch nirgendwo. Die Aufgabenstellungen haben mir sehr gut gefallen. Anspruchsvoll, aber kein Hirntod, wo man überhaupt nicht erkennt, was der Fahrtleiter von einem will. Gutes Start- und Ziellokal, sowie die inzwischen bekannt entspannte Atmosphäre. Es verbleibt für mich ein Kritikpunkt: bei einer Nacht Ori sollten die Schilder besser erkennbar sein. Ansonsten TOP, wobei ich auch die individuelle Betreuung im Nachgang (Erklärung der Fehler) und die sehr faire Bewertung hervorheben möchte.