Bereits in meinem Bericht zur 4. Classic Rallye des AC Ahaus 2019 habe ich von einem „Klassiker“ geschrieben. Schöne Strecken und anspruchsvolle Aufgaben wurden hier immer kombiniert mit einer fast perfekten Organisation und einem schönen Ambiente am Schloss und im Kulturquadrat. Coronabedingt wurde auch diese Veranstaltung im Jahr 2020 leider abgesagt. In der laufenden Saison ´21 wollten die Veranstalter aber nicht wieder absagen oder verschieben – diverse andere Clubs hatten ja schon 2020 gezeigt, wie man auch „Kontaktlos“ bzw. mit einem Hygienekonzept eine gelungene Fahrt auf die Beine bzw. Räder stellen kann. Das jüngste Beispiel war sicherlich die Linnenbauerfahrt knapp einen Monat zuvor, zudem im selben Bundesland.
Die Erfahrungen mit den kontaktlosen Fahrten waren bisher eindeutig positiv. Zwar musste man auf das gesellige Zusammensein bei Start, Mittagspause und am Abend verzichten, der Spaß kam aber niemals zu kurz. Die Stimmung war überwiegend freundlich-locker, trotz Maskenball und Abstand, daran hat man sich ja irgendwie auch gewöhnt. Und die lokalen Genehmigungsbehörden waren in vielen (nicht allen) Fällen durchaus kooperativ eingestellt (Arnsberg, Herford, Bochum). Allerdings sind wir in 2021 in Teilen auch weiter, so gibt es anders als 2020 heute insb. Impfungen und diverse Regelungen, die mit sog. „Corona-Tests“ arbeiten. Dies hatte offenbar Auswirkungen auf die Genehmigungs-behörden in Ahaus bzw. im Kreis Borken. Denn neben dem bekannten Hygienekonzept und der „Corona-Erklärung“ überraschte die Internetseite des Veranstalters ca. 10 Tage vor der Fahrt mit einer „Testpflicht“. Also, es konnte niemand der gemeldeten Teilnehmer an den Start gehen, der keinen aktuellen, schriftlich bestätigten „Corona-Test“ vorlegen konnte. Das war neu und kam nach den bisherigen Erfahrungen überraschend. Um präzise zu sein: dieser Test wurde benötigt, um in Ahaus am Start einen PARKPLATZ unter freiem Himmel befahren zu dürfen! Zudem waren alle Auflagen hinsichtlich Abstand, Maske, etc. natürlich zu erfüllen. Hier haben offenbar besonders beflissene Verwaltungsfachkräfte und Hygieneschutzbeauftragte ihren Dienst erfüllt.
Es ehrt die Veranstalter sehr, dass sie angesichts dieser bürokratischen Auflagen nicht aufgegeben, sondern für die vielen Rallyefreunde die Veranstaltung „durchgezogen“ haben. Allerdings: an der Kommunikation kann hier noch gearbeitet werden. Begriffe wie „Platzverweis“ finde ich schon grenzwertig, wer aber mit „Testverweigerer“ kommt und zudem eine Bearbeitungsgebühr für diese i.H.v. 30 EUR androht, sollte mal den Kommunikationsoffizier in eine Nachschulung schicken. Hier fehlte nur der Passus, das „Coronaleugner“ und „Reichsbürger“ von der Fahrt ausgeschlossen sind. Auch stellen sich mir datenschutztechnische Fragen, wenn man den persönlichen Coronatest beim Start papierhaft abgibt. Es bleibt für zukünftige Fahrten, nicht nur in Ahaus, zu hoffen, dass es bei den Anforderungen wieder Entspannung geben wird.
Hier schon einmal ein Fazit der Fahrt vorweg: am Veranstaltungstag „vor Ort“ war alles genau so entspannt „kontaktlos“ wie in Herford & Co., überall sehr freundliche Posten und Zeitnehmer! Offenbar tatsächlich eine Frage der Vorab-Kommunikation.
Am 08. Mai selber war es leider empfindlich kühl und später auch noch regnerisch. Einen Tag später und wir wären bei Tropenklima gefahren, ein Tag vorher und wir hätten Winterreifen gebraucht… Immerhin war so für ein relativ kontaktloses, da zuschauerarmes Umfeld gesorgt. Start war in einem Ahauser Gewerbegebiet – durch eine Halle gefahren – und dieses Mal gab es auch eine Premiere. Mit der Startnummer EINS gingen wir ganz vorne an den Start. Das hatte gewisse Vorteile: zum einen wurde man von der Presse interviewt und auch fotografiert. Zum anderen stand man dann später bei den ZK bzw. WP am Anfang der Schlange und nicht mitten im Ziehharmonika-Effekt. Aber das konnten wir um 9:41 Uhr noch nicht wissen. Punkt 10.01 Uhr ging es durch den Startbogen auf die Strecke…
Mit dabei hatten wir dann auch unsere „Lunchpakete“. Die wirkten auf den ersten Blick erst einmal mega „fett“, wie man heute so schön sagt. Allerdings war das ja die Verpflegung für den ganzen Tag, nicht nur fürs Frühstück. Das relativierte die Sache etwas. Die normalen Brötchen, die Bifi, den Joghurt, das Mars und das klitzekleine abgezählte Käsestück fand ich klasse. Und für Getränke war auch reichlich gesorgt (offenbar wurde das Wetter vom Folgetag erwartet). Jedoch: ob auf dem „Schnitzelbrötchen“ nun Huhn, Fisch, Schwein, oder eine Mischung aus allem lag, da waren wir uns nicht ganz schlüssig. Jedenfalls wurde der Genuss nicht durch eine übertriebene Saftigkeit getrübt (Jetzt habe ich doch wieder was über das Essen geschrieben, aber hier will ja auch jede Leser-Zielgruppe ihr Recht bekommen).
Die relevanten Informationen gab es schon vorab im Internet, aber auch noch einmal als „Fahrtunterlagen“, „Teilnehmerinfomappe“, sowie Bulletin 1. Warum hier jetzt soviel Papier erforderlich war, hat sich mir nicht ganz erschlossen. Alle relevanten Infos i.S. eines Fahrerbriefes passten für unsere „touristische“ Klasse auf einen DIN A4 Bogen. Im Prinzip waren es die für Ahaus typischen Regeln: Baumaffen rechts und links der Strecke, keine OE-Schilder aufschreiben, Einbahnstraßensystem ganztägig, Kreuzen erlaubt, Überlappungen können vorkommen, nur doppellinige Wege, … Dazu neben Kartenaufgaben auch chinesische Passagen. Weiterhin insg. 5 Wertungsprüfungen als Sollzeitaufgabe mit jeweils einer Messung per Lichtschranke.
Soweit – so gut, wie gehabt. Die erste Überraschung lauerte am Ortsausgang von Ahaus. Eine 37 Sekunden-Prüfung in einer Art Wendehammer. Hier musste man aber einen Teil des Pacours rückwärts fahren. Das ist nicht nur bei Fahranfängern beim Einparken eher unbeliebt. Durch diese Prüfung wären wir eigentlich gut durchgekommen (z.B. kein Motor abgewürgt), aber leider kullerte gerade in diesem Moment eine Flasche unter dem Fahrersitz hindurch in den Fußraum des Piloten. Aufschrei! „Da ist ´ne Pulle!“ Äh, wo jetzt? Ach, dort zwischen Deinen Füßen… 2-3 Schrecksekunden, dann war die Flasche auch wieder in sicherer Reichweite. Mein Fahrer jedoch so irritiert, dass er mit Vollgas ohne Rücksicht auf den Timer durch die Lichtschranke bretterte. Oje.
Die Strecke führte uns durch überwiegend sehr ländliche Gegend und leere Straßen von Ahaus in Richtung Vreden und von dort über Oeding und Rhede nach Bocholt. Immer wieder gab es längere Passagen „gerade aus“ und nur vereinzelt eine Überlappung oder eine der typischen „Ecken“. Auch die Baumaffen waren sehr ökonomisch, fast schon minimalistisch, verteilt. Hinter Zwillbrück dann die erste Chinesenetappe. Leider diente diese wohl in erster Linie dem „Strecke machen“ auf dem Weg nach Bocholt. 1.500 m, 1.600 m, 2.200 m, 2.050 m, 2.150 m, 5.000 m lauteten hier einige der Entfernungen je Fahrauftrag. Kein trickreicher Chinese in Sicht. Schade, irgendwie passierte hier sehr/zu wenig.
Diese relative Entspanntheit, ggf. auch Langeweile, verging uns bei Vardingholt. Hier „roch“ die Karte nach eine Veranstaltermanipulation.
War die Strecke nun einlinig oder nicht? Wie musste man diese Stelle umfahren? Leider war das Kartenmaterial des Veranstalters nicht nur hier sehr schlecht. An vielen Stellen waren die Wege und Straßen auch mit der Lupe erkennbar „strichelig“, aber offenbar war dies der Kopie geschuldet. Und nun, an dieser Stelle, war die Karte manipuliert. Grundsätzlich finde ich sowas sehr gut und kniffelig. Aber nicht, wenn das Kartenmaterial derart verwaschen ist. Dann wird das ein Rate- bzw. Glücksspiel. Ich denke, die „H6“ hat für einige Diskussionen gesorgt.
Warteschlange vor ZK3. Nicht jeder Teilnehmer hat einen schicken Ludenbenz, in dem er es sich kuschelig machen kann.
Ähnlich diskussionswürdig war dieses Mal die Aufteilung der Zeiten für die einzelnen Abschnitte von ZK zu ZK. In den Vorjahren hatte es der AC Ahaus hier betont sportlich angehen lassen, man hatte jeweils fast keine Vorzeit. Dieses Jahr das genaue Gegenteil: vor jeder ZK massig Vorzeit. Also nicht mal 10 bis 20 Minuten oder so. Nein, wir konnten hier 48, 50 und noch einmal 30 Minuten warten. Auch wenn man berücksichtigt, dass es keine Mittagspause gab, war das doch etwas zu viel des Guten. Von 7 Stunden „Fahrzeit“ ca. 2,5 Stunden gewartet, das ist kein gutes Verhältnis. Man stand dann ja auch in der Schlange irgendwo im Nichts am Acker, bei Kälte und Wind.
Wieder warten. Jetzt auch noch im Regen bei 10 Grad. Hier auf dem Bild (noch) nicht erkennbar: durch die vielen wartenden Teilnehmer wurde die Straße mehr oder weniger (unabsichtlich) blockiert. Warum für eine Wartezone nicht einen Parkplatz nehmen?
Warten auf Godot, vor der ZK Ziel 1 (BMW Boomers). Auch hier war die Parksituation eher unglücklich. Godot ist übrigens nie erschienen, dafür haben wir die Tangente gefunden.
Nachdem wir in Bocholt das Roadbook für die 2. Etappe bekommen hatten, ging es um 14.01 Uhr zurück nach Ahaus. Der Streckenverlauf war hier sehr ähnlich wie auf dem Hinweg, nur natürlich in Gegenrichtung. Das bot dem Fahrtleiter die besten Gelegenheiten, mit dem Einbahnstraßensystem ein paar Fallen einzubauen. Sowas kannten wir schon aus den Vorjahren. Und in der Tat, diverse Male musste man doch recht gut aufpassen, um nicht in die Falle zu tappen und verbotenerweise gegenläufig zu fahren. Die kleinen grauen Zellen kamen nun etwas mehr zum Einsatz. Bis zum Ziel in Ahaus musste man sehr auf der Hut sein. Diese Aufgaben waren sehr gut gemacht und der Fahrtleiter hatte die Kontrollen sehr überlegt, man könnte schon fast sagen: elegant platziert. Die Bordkarte blieb so allerdings auch recht leer.
Mit weiteren ca. 20 Minuten Vorzeit (hier jetzt erlaubt) erreichten wir das Ziel der Fahrt hinter dem Ahauser Kulturquadrat. Fast wären wir dran vorbei gefahren…
Danach blieb Zeit und Muße für ein kontaktloses Finisher-Bier. Wobei, ein Glühwein oder auch ein heißer Tee mit Rum wären auch passend gewesen.
Es folgten der Heimweg und das Warten auf die Ergebnisse. Diese waren leider erst für den Montag, den 10.05. ab 20 Uhr angekündigt, also zwei Tage später. Nicht nur vor ZKs fällt das Warten schwer…
Fazit: Auch beim AC Ahaus hat das Kontaktlos-Konzept problemlos funktioniert, was angesichts der etwas schroffen Vorab-Kommunikation nicht unbedingt zu erwarten war. Der stilvolle Start am Schloss und der Innenstadt, das schöne Ambiente im Planquadrat bei Abendessen u. Siegerehrung sowie besseres Wetter haben aber doch gefehlt. Die Aufgaben in der touristischen Klasse waren Ahaus-typisch, aber m.E. erkennbar einfacher gestaltet als 2018 und 2019. Auf der Etappe 1 ist zu wenig passiert und das Zeitkonzept ist leider nicht aufgegangen (Wartezeiten). Von einer Veranstaltung wie in Ahaus erwarte ich besseres/eindeutiges Kartenmaterial („H6“). Auch eine Spiralbindung für das Roadbook wäre angemessen. Diese Kritik am Detail soll aber das große Lob nicht schmälern, dass die Classic Rallye Ahaus angesichts der widrigen Umstände überhaupt stattgefunden hat!
Epilog:
Am Sonntagabend wurden die Musterlösungen und Musterbordkarten online gestellt. Große Augen: die „H6“ sollte man gar nicht haben, sondern an dieser Stelle einfach „gerade aus“ fahren. Die Einlinigkeit wurde mit einem Kartenfehler begründet. Daher konnte man noch froh sein, dass die „H6“ neutralisiert wurde. Es ist ärgerlich, wenn das Kartenmaterial so schlecht ist. Die Unterbrechung war offensichtlich. Wie soll man die Regeln im Fahrerbrief „nur doppellinig“ so erfüllen? In diesem Sinne war ja die ganze Karte ein „Kartenfehler“.
Am Montag, 10.05. gegen 20:30 Uhr stellte sich heraus, dass sich die Veröffentlichung der Ergebnisse um einen Tag verzögert …
Vardingholt ohne „Kartenfehler“. Auch solches Kartenmaterial gibt es – ganz ohne Diskussionsbedarf.
Es wurde sehr spannend gemacht. Dienstag gegen 15 Uhr tat sich dann was im Internet und die GLP-Zeiten und Gesamtergebnisse wurden „online“ gestellt.
Tatsächlich hatten doch weniger Touristen „null Fehler“ in der Bordkarte, als ich erwartet hatte – aber immerhin 5 Teams hatten alle Fallen erkannt. Die Gegenläufigkeiten in Etappe 2 sorgten aber generell doch für mehr Strafpunkte – das passt zum Eindruck, dass Etappe 1 einfacher war. „H6“ wurde ja neutralisiert, also waren wir auch mal wieder erfolgreich in der „Null Fehler Strategie“. Bei den Zeiten war die Flaschennummer besser ausgegangen wie befürchtet. Dafür haben wir uns in GLP 5 satte 2,50 Strafsekunden eingehandelt. Aber wer 562 Sekunden in 9:20 Minuten umrechnet, der wird zurecht bestraft…
Besonders erfreut uns die Mannschaftswertung! Alle vier Teams unter den Top 6. Was ist nur aus der „Selbsthilfegruppe“ geworden! Man könnte auch sagen, das üben und studieren nicht nur bei den Virtuellen Fahrten hat sich bezahlt gemacht. Dr. No ist entzückt, dass unter den TOP 10 ganze vier 02er vertreten sind und feiert das mit einer Serie auf seinem Blog. Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4
Gute Pressearbeit!