Die definitiv aller aller letzte Fahrt fand anno 2021 dann am 27.11. statt und war die „ReHa-Winter Ori“. Warum Reha erschliesst sich mir nicht, es hat wohl nichts mit Rehabilitation zu tun. Oder doch?! Jedenfalls steht hinter dieser Veranstaltung auch ein sehr erfahrener Fahrtleiter, der sicher auch bei Moskau Inkasso gute Karriere gemacht hätte (Bericht). Eine eigene Internetseite o.ä. gibt es hier nicht, die Info erfolgte auf orie.de. Es klingt vielversprechend und irgendwie etwas „independent“: 180 km durch das Wildenburgische Land (auch jottviehdee), maximal 25 Teilnehmer, Aufgabenstellung: Nicht zu schwer, aber zügig, Preise: mal was anderes. Anreise am Vorabend möglich, gemeinsames Frühstück und abends gemütliches Beisammensein. Da kann man fast nicht nein sagen. Oder doch, wenn der Handball Vorfahrt hat. So musste ich auch bei dieser Fahrt auf Fahrersuche gehen, was dazu führte, dass das in Delmenhorst erfolgreiche Team hier wieder an den Start ging.
Ramontisches Umfeld am alten Mühlenbach.
Ggf. mal für die Flitterwochen vormerken???
Reduce to the max: lauschige Bettstatt mit
auffallend vielen Steckdosen.
Sehr abgeschiedene Lage, aber dennoch überraschend gut besucht. Fremde verirren sich jedoch selten hier her.
Ich übernachtete nicht in Zimmer 30, sondern bei „Tchaika“ (heute Zimmer 31).
Da es von Münster aus doch gut 2 Stunden bis zum Startlokal sind, wählte ich die Option „Vorabendanreise“ mit HotelPensionübernachtung. Das Schöne bei etwas weiter weg liegenden Veranstaltungen ist, dass man auch mal was anderes sieht und Land und Leute kennenlernt. Aus der Münsteraner (Großstadt-) Perspektive ist man hier im Oberbergischen Kreis total am „Arsch der Welt“. Landschaft wohin man blickt und total kleine Ansiedlungen und Dörfer. Umso überraschter war ich, dass im Gasthof noch Licht brannte und dieser auch recht gut besucht war. Fremde sieht man hier aber eher selten und an den Wänden hing etwas, was wie Knoblauch aussah…
Aufgrund Einzelzimmer war ich im „Gästehaus“ untergebracht, welches 60 m weiter am Mühlbach liegt. Klingt romantisch und ist es wohl auch, wenn man ein ostukrainischer Wanderarbeiter ist. Ansonsten kenne ich Frauen, die hier (nachvollziehbar) keinen Fuß reingesetzt hätten. Zumal die Beleuchtung auf dem Weg ausgefallen und das Zimmer von außen nicht abschließbar war. Die Heizung ging aber (grugelte jedoch wie ein Wasserfall) und mit einer Flasche Wein konnte man es sich gemütlich machen. Schließlich war ich ja nicht zum Vergnügen hier!
Am nächsten Morgen ging es gegen 9 Uhr los. Nennung prüfen, 2 G Regel checken und hinein in den Frühstückssaal. Obwohl die Gaststätte eher so 1950er Flair verströmte muss ich sagen, dass das Frühstück sehr gut war. In der kurzen, aber sehr launigen Fahrerbesprechung wurden folgende Infos für unsere Gruppe A gemacht:
Etappe 1: 98 KM mit 150 Minuten Sollzeit sowie 60 Minuten Karenz (je Minute 1 Strafpunkt)
Etappe 2: 85 KM mit 150 Minuten Sollzeit sowie 60 Minuten Karenz (je Minute 1 Strafpunkt)
Das ergibt einen Schnitt von ca. 39 km/h in der ersten Etappe und ca. 34 km/h in der zweiten Etappe. Oha. Und das in dieser gebirgigen Gegend.
Kontrolle der Idealstrecke über Orientierungskontrollen (Baumaffen), gelbe Ortseingangsschilder, Vorfahrt-Achten-Schilder („V“), sowie Stoppschilder („S“). Ein Teilnehmer fragte dann noch, ob Vorzeit erlaubt sei. Irritierter Blick vom Fahrtleiter und schallendes Gelächter im Saal.
Wie bei der Ori Heiligenhaus bestand das „Roadbook“ auch hier und heute aus insgesamt 2 Din A 4 Seiten Papier, die doppelseitig im Maßstab 1:35000 oder 1:40000 bedruckt waren. Auch hier „Reduktion“, man wolle schließlich Papier sparen. Oder war es Geld? Also, war klar, ohne Brille und Lupe wird es nicht gehen. Was bei einer echten Ori schon ok ist, aber wenn es dann in Mikroskopieren ausartet, macht es mir keinen echten Spass mehr. Dazu der Fahrtleiter: „Früher sind wir Maßstab 1:200.000 gefahren!“ Früher? Muss vor meiner Geburt gewesen sein…
Also aufsatteln und um 10:21 Uhr ging es dann los in die erste Etappe. War die erste Aufgabe noch gut lösbar, machten wir schon in der zweiten Aufgabe intensive Bekanntschaft mit „Land und Leuten“. Die Streckenführung ging über einen Feldweg und dann an einer Art Gehöft vorbei. Hier war alles sehr eng und die Straße gespickt mit Schlaglöchern und zum Teil war es auch rutschig und sehr matschig. Da im Ort „Bohlenhagen“ ein Vorweiser stand „Straße gesperrt in 400m“ brach bei den Teilnehmern einige Verwirrung aus, wie hier denn nun zu fahren war. Nicht besser wurde die Lage, da ein Eingeborener am „Hof“ sich offensichtlich durch die motorisierten Fremden belästigt fühlte und daher kurzerhand die Strecke mit Resten von einem Fahrrad absperrte.
Leider konnte man mit dieser Lebensform schwer kommunizieren. Nach einigem Hin und Her (die Zeit tickte!!) entschieden wir uns zum Durchbruch. Die Fahrradreste zur Seite und vorsichtig ging es weiter. Dann noch einen alten Drahtstuhl aus dem Weg geräumt und die Idealstrecke war frei. Leider kam es dann hinter uns noch zu weiteren unschönen Szenen, als sich der „Anwohner“ theatralisch auf ein Auto warf. Ohne diese Aktion wären wir hier schnell und geräuschlos weg gewesen. So hatte nicht nur der „Anwohner“ den von ihm offenbar sehr erwünschten Stress, sondern wir mindestens 15-20 Minuten Zeit verloren. Sehr unnötig sowas.
Nun ging es weiter auf kleinen und kleinsten Straßen. Die Aufgabenstellung „an sich“ haben wir nicht als so schwer empfunden, aber das Kartenmaterial war eine echte Herausforderung: Einmal wegen dem Maßstab und zum anderen, da sich das Kartenbild und das Bild nach Natur vor Ort doch in einigen Fällen erheblich unterschieden. So war schon die ganz normale Orientierung eine Herausforderung. Und man musste höllisch aufpassen, nicht die ganzen Vorfahrt-Achten-Schilder zu übersehen. Bei einer „normalen“ Ori bzw. Oldtimerfahrt sind diese nicht zu notieren. Man nimmt diese Schilder dann einfach nicht bewusst wahr, obwohl man die richtige Strecke fährt.
Dazu kam noch eine weitere Spezialität, die ich hier in diesem Umfang zum ersten Mal kennen gelernt habe: Fahren auf Feld-, Wald- und Wiesenwegen ohne Asphaltbelag. Gefühlt waren ca. 20% der Streckenführung nicht asphaltiert. Und diese Streckenteile waren dann zum Teil wirklich nur noch Reste von Fahrspuren bzw. -rinnen auf Feldern und im Wald. Dazu knietiefe Schlaglöcher und Matsch, Matsch, Matsch. Das hat zwei Folgen: 1) evtl. Anwohner oder Spaziergänger mit Hunden rechnen nicht damit, dass hier Automobilisten vorbei kommen. Formal waren diese „Wege“ natürlich frei, aber man muss die Streckenführung m.E. nicht bei den Leuten durch den Vorgarten legen, auch wenn das formal korrekt ist. 2) Sicherheit. Dieses war die erste Veranstaltung, bei der ich echte Angst hatte, dass wir stecken bleiben oder irgendwo den Abhang runterruschten. So ging eine Passage eine nasse und glatte Wiese hinunter in den Wald, wo der Wagen nur mit äußerster Mühe in der Spur gehalten werden konnte. Später waren wir schon auf dem Weg in Richtung Abhang und mein Fahrer konnte in buchstäblich letzter Sekunde den Wagen noch zurück auf den „Weg“ bringen. Da ging uns der A.. aber echt auf Grundeis. Dazu kamen die ganzen Schlaglöcher, Buckelpisten sowie lehmige Untiefen, z.B. bei den Windrädern. Zum Glück hatten wir Allradantrieb!
Positive Aspekte der Streckenführung: Wirklich wunderschöne Landschaft. Und Schnee!
Einen 39er Schnitt zu fahren war jedoch pure Illusion. Am Ende von Aufgabe 8 erreichten wir die Mittagspause „Landhaus Wuttke“ mit einer Zeitüberschreitung von 50 Minuten! D.h. nach weiteren 10 Minuten wären wir schon disqualifiziert gewesen. Und wir waren damit auch nicht die einzigen Looser, andere Teilnehmer hatten noch einen „Puffer“ von genau EINER Minute. Nun konnte man sich mit einer Gulaschsuppe stärken, die diese Namen auch mal richtig verdient hatte.
Und schon ging es weiter in die Etappe 2. Diese war etwas kürzer und „einfacher“ gestaltet. Mal abgesehen von der Rutschpartien in Aufgaben 12, 13 und 14. Hier war der Allradantrieb gefordert. Mit dem Wetter hatten wir insofern Glück, dass es zwar überall nass und matschig war, aber es schien die Sonne, so dass wir recht lange noch im Hellen fahren konnte. Bei Dunkelheit auf diesen Wegen?! Keine schöne Vorstellung!
Das ZIEL erreichten wir dann wieder unter Inanspruchnahme der Karenzzeit. Dieses Mal waren es aber „nur“ so ca. 10 Minuten. In der warmen Wirtshausstube gab es dann das Abendessen. Hier muss ich ein großes Lob aussprechen, denn Speis & Trank waren ganz hervorragend. Ich konnte sogar noch ein Teil-Schnitzel für den nächsten Tag mit aufs Zimmer nehmen. Musterbordkarten und Ideallösung wurden recht fix in gedruckter Form verteilt, wobei die Musterlösung mit dem bloßen Auge nicht mehr erkennbar klein war. Etappe1: 117 Kontrollen! Etappe 2: 62 Kontrollen! Und das in der einfachen Klasse A. Haha.
Die Siegerehrung war dann um 19 Uhr, was vollkommen in Ordnung geht. Statt Pokalen gab es Sachpreise. Hier hatte ich nach der Ankündigung „mal was anderes“ ehrlich gesagt mehr erwartet. Aber mit unserem 5 Platz waren wir sowieso erstmal „bedient“. Zwar hatten wir gleich zweimal den gegenläufigen Pfeil(schwanz) einer vorherigen Aufgabe nicht erkannt, waren aber ansonsten recht positiv gestimmt. Null Fehler in BK2, aber gleich 8 Fehler in BK1 sowie 57 Minuten = 57 Fehlerpunkte wegen Karenzzeit summierten sich dann auf ca. 137 Gesamtfehlerpunkte. Offenbar hatten wir auf der ersten Etappe viele, viele Vorfahrtachten-Schilder „missachtet“, d.h. nicht aufgeschrieben, obwohl wir auf der richtigen Route waren. Mist. Die Zeit war in der ersten Etappe zu knapp bemessen, wobei es ohne den Irren am Hof für uns nicht so knapp geworden wäre. Allerdings gab es aufgrund dieses Zwischenfalls keine Zeitgutschrift bei der Auswertung, was ich nicht ok finde.
FAZIT: Rustikale Ori mit detailliert ausgearbeiteter und wunderschöner, auch interessanter Streckenführung. Gute Verpflegung und „independent“ Charme. Eine Teilnahme kann ich aufgrund der beschriebenen Matschwege und aus meiner Sicht z.T. gefährlichen Streckenführung nur erfahrenen Fahrern mit robusten Autos empfehlen. Am besten 4×4 oder mit erhöhter Bodenfreiheit. Mit einem Old- oder Youngtimer kann ich von einer Teilnahme nur abraten, es sei denn es ist ein G-Modell. Auch ohne diese Streckenteile wäre die Fahrt keinesfalls langweilig gewesen. Mit meiner Frau, Freundin oder Lebensgefährtin würde ich nur teilnehmen, wenn diese auf einem Bauernhof groß geworden ist und es sich um eine sehr gefestigte Beziehung handelt.
Großer Dank an HG, der einfach super gefahren ist. Vor allem super sicher!
Reha Winter Ori wurde Ihnen präsentiert von Mr. Wash.
„Nur“ drei echte Fehler, aber fünf Schilder nicht notiert und damit Platz 4, punktgleich mit Platz 3, das ist gar nicht mal so schlecht.