Nach wie vor: Corona. Obwohl die Inzidenzen stark gesunken sind, finden nur wenige Oldtimer Rallyes statt. Natürlich haben solche Veranstaltungen einen gewissen Vorlauf und benötigen die entsprechenden Genehmigungen. Etliche fielen also aus, einige wurden in den Herbst verschoben. Der Niederrheinischen Oldtimergemeinschaft Schermbeck & Westfalen e.V. (kurz NOSW) gelang es bereits frühzeitig, eine Genehmigung für die am 06.06.2021 stattfindende Springtime Classic zu erhalten. Sogar auf der Homepage warb der Veranstalter damit – so ist es richtig. Die neu ins Leben gerufene Leinenweber Rallye in Bielefeld musste bspw. drei Tage vor Starttermin abgesagt werden, da die erforderliche Genehmigung nicht ausgestellt wurde … Unglücklich für alle Beteiligten.

Bei der Hohe Mark-Rallye des NOSW ging es durch das westliche Münsterland. Der geneigte Oldtimerfahrer konnte zwischen drei Gruppen wählen, die auf der Internetseite und in der Ausschreibung erklärt waren: Ausfahrt (OA) – hier ging es um das „Genießen der Strecke ohne orientierungssportliche Anteile“. Beim ADAC wäre das die Kategorie Oldtimerwandern, oder auch despektierlich: Kaffeefahrt. Der ambitionierte Fahrer konnte die touristische Oldtimerrallye (AT) „Streckenfindung über Chinesen- und Kreuzungszeichen sowie über wenige Kartenausschnitte“ wählen. Und dann gab es noch tourensportlich (TS): „Sehr anspruchsvolle Fahrt für sportliche Anfänger. Keine Touristikanteile. Tourensportliche Einstiegsklasse. Auf einer Schwierigkeitsskala 4 von 5.“ Wir entschieden uns für tourensportlich, denn entscheidend war für uns die Ankündigung, dass es in dieser Gruppe keine Wissensfragen geben würde, denn darauf haben wir wirklich keine Lust – wir haben es bereut …

Mehr als 90 Autos nannten und trafen sich am 6. Juni am Berghotel Hohe Mark zur kontaktlosen Rallye mit entsprechendem Hygienekonzept. Lediglich Masken und das Einhalten von Abständen waren gefordert. Sehr angenehm, eine 24h-Testpflicht, wie z.B. noch Anfang Mai in Ahaus, existierte nicht.

Der Wetterbericht hatte für das gesamte lange Wochenende Regen vorausgesagt. Auto waschen? Warum? Erstaunlicherweise kamen wir trocken am Hotel an, obwohl es doch sehr wolkig zuging. Unterlagen geholt, Rallyeschild montiert, Fahrerbrief studiert. Bloß nicht vergessen, die Pappe unter das Auto zu legen, sonst kassiert man gleich 5 Strafpunkte!

Das Bordbuch kam mit sagenhaften drei Seiten für ca. 75 Kilometer der ersten Etappe aus – erstaunlich. Der Wechsel von Kartenaufgaben mit Pfeilen, Strichen, Punkten und Chinesenzeichen kam uns entgegen. Auf den ersten und auch den zweiten Blick durchaus lösbar. Dennoch dauerte es eine gewisse Zeit, bis wir uns eingroovten, aber dann lief es. Lediglich Baumaffen und Wendekontrollen waren zu notieren. Die stummen Kontrollen konnten aber auch links stehen, somit war Umsicht geboten. GLPs oder sonstige Zeitprüfungen waren nicht vorgesehen.

Das Wetter hielt erstaunlicherweise und die Strecke war sehr schön. Viele kleine, schmale aber asphaltierte Straßen abseits der Hauptachsen wurden von uns befahren. Einige interessante Regeln taten sich auf. Neben der bekannten Einbahnstraßenregelung galt es alle Punkte zweimal anzufahren. Dann endeten alle nummerierten Fahraufträge erst nachdem man 100 m weiter auf der Strecke gefahren ist! Überlappungen waren somit vorprogrammiert. Aber oft kam dieser Joker – zumindest bei uns – nicht zum Tragen. Wie soll man auch eine Überlappung zwischen Chinesen und Pfeil oder Strich auf 100 m erkennen? Insbesondere ohne bekannten Kartenmaßstab? Chinesenzeichen sind schematisch und haben keine Länge …

Kurz vor der Mittagspause galt es 2 Meter an ein Hindernis heran zu fahren: 1,55 m – könnte besser sein – egal! Unsere Bordkarte war sehr übersichtlich und hatte bei Abgabe lediglich 12 Einträge, ob das so passt?

Innovativ das Mittagessen. Ein Foodtruck mit Bratwurst und Lumpia, die Grenze zu Holland ist nicht weit weg, stand auf dem Parkplatz des Opel Autohauses. Hier konnten wir unsere Essenswertmarken gegen einen Mittagsimbiss eintauschen. Nach 20 bis 30 Minuten ging es weiter zur Nachmittagsetappe. Auch hier wieder nur zweieinhalb Seiten Fahraufträge. Allerdings muss man sagen, dass die Qualität der Karten doch zu wünschen übrig ließ. Auch waren sie schon etwas älter. Zudem waren die Kartenausschnitte sehr kleinmaßstäblich, so dass man sehr genau hingucken musste. Pfeile, Striche und Punkte waren mit der Hand eingezeichnet. Die drei Blätter waren jeweils lieblos zusammen getackert. Bei dem Nenngeld konnte man mehr erwarten …

Bei einer etwas komplexeren Umfahrung fiel uns ein Pfeil auf, in dem sich offensichtlich ein Punkt befand. Waren das zwei Aufgaben in einer? Nach langem hin und her entschieden wir uns den Punkt im Pfeil ein zweites Mal anzufahren. Somit schrieben wir erneut die „68“ und das „T“ auf. Im Nachgang diskutierten wir darüber, dass man Pfeile ja laut Fahrauftrag nicht zweimal komplett fahren darf, was wir aber machen mussten um den Punkt zu erreichen …. Wir sind gespannt was die Lösung sagt.

Mit Ausnahme der 100m-Regel und dem Beantworten von nervigen Wissensfragen, sind uns die Unterschiede zur touristischen Klasse übrigens nicht klar geworden.

Auch nach der Nachmittagsetappe hatten wir bei Abgabe lediglich 14 Felder der Bordkarte ausgefüllt. Dafür konnten wir eine Stempelkontrolle in einem Gewerbegebiet verbuchen, die zweimal angefahren werden musste. Mit „hoffentlich sehen wir uns gleich wieder“ wurden wir nach dem ersten Stempel verabschiedet … mal was Anderes!

Unsere eigene Einschätzung war zwiegespalten. Zum einen glaubten wir einiges gesehen und erkannt zu haben, andererseits empfanden wir eine gewisse Unsicherheit. Die Baumaffen waren beispielsweise sehr „interessant“ aufgehängt. An Streckenabschnitten, wo unseres Erachtens unbedingt einer seine musste, hing keiner. Dann in Bereichen, wo man keine Kontrolle erwartete und auch nicht für erforderlich erachtete, befand sich z.B. ein Baumaffe links, relativ weit oben, kurz vor der Abbiegung auf die Hauptstraße.

Am Ziel, der Pizzeria Da Franco in Reken, kamen wir um viertel nach vier an. Für alle Teilnehmer gab es ein Stück Pizza auf die Hand. Auf der Terrasse standen Stehtische und drinnen konnte man sich das verdiente Stück Pizza nehmen – die war wirklich gut und das Ambiente nett. Das man für die Getränke bezahlen musste, war ein kleiner Wehmutstropfen, zumal im Frühstückslunchpaket nur jeweils ein Getränk pro Person enthalten war.

Zu Hause angekommen warteten wir auf die Ergebnisse. Gegen 22:00 Uhr geisterten zunächst die touristischen Platzierungen durchs Netz. Die Kollegen hatten einen ordentlichen Job gemacht. Dann sportlich: Lediglich 5 – ausgeschrieben fünf – Teams der 91 genannte Starter fuhren in der tourensportlichen Wertung. Wir belegten mit 250 Strafpunkten einen vierten Platz. Ernüchterung machte sich breit, wo auch immer wir so viele Strafpunkte eingesammelt hatten … Allerdings muss man sagen, dass auch in der touristischen Klasse die jeweiligen Klassensieger fast 100 und die viertplatzierten um die 200 Strafpunkte hatten. Somit könnte man sagen, wir waren einigermaßen im Soll.

Fazit: Letztendlich kann man für jede Veranstaltung, die in dieser Zeit durchgeführt wird, dankbar sein. Dem Veranstalter, der ein Starterfeld von mehr als 90 Teilnehmern durch die Restausläufer der Corona-Pandemie navigierte, gebührt hierfür höchste Anerkennung. Der Foodtruck bei der Mittagspause und die Pizza auf der Terrasse waren Highlights, ebenso wie die Strecke. Die Aufgaben erschienen uns auf den ersten Blick als gut machbar. Doch der Teufel steckt oft im Detail. Einige Fehler sind uns im Nachhinein aufgefallen. Pfeile vollständig vormittags und nochmal nachmittags befahren – aber dennoch tappen wir im Dunkeln was unsere hohe Punktzahl anbelangt. Eine anspruchsvolle Ausfahrt mit eigenwilligen Aufgaben und in jedem Fall verbesserungswürdigem Kartenmaterial.

Bericht von Dr. No.

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