Am 28.06.2020 konnte die 23. DMV Oldtimer-Rallye (und Ausfahrt) in Aachen stattfinden. Die Ecurie Aix-La-Chapelle gibt es bereits seit 1968 und veranstaltet regelmäßig professionelle Oldtimerveranstaltungen. In diesem Jahr musste auch dieser Veranstalter mit den corona-bedingten Einschränkungen leben. Aber, während andere Veranstalter absagen oder in der Hoffnung auf bessere Zeiten einfach mal nach 2021 verschieben, hatte sich die Ecurie dafür entschieden, das Ding durchzuziehen. Mit einem weitgehend „kontaktlosen“ Hygienekonzept wappnete man sich, um die erforderliche Genehmigung der Behörden zu bekommen. Auch als diese dann zunächst versagt wurde, gab man nicht auf. Dieses Durchhaltevermögen wurde belohnt. Die Teilnehmerliste füllte sich und am Ende war die tourensportliche Rallye sogar ausgebucht. Es gab und gibt nämlich genug Enthusiasten, die einfach mal wieder real fahren wollen und dafür auch längere Anreisen in Kauf nehmen.

Hier kann man interessante Details dazu lesen und hören.

„Kontaktlos“ bedeutet den Verzicht auf die üblichen „sozialen“ Rallye-Elemente: Frühstück, Mittagspause, Abendessen und Siegerehrung vor Ort. Sozuagen Rallye pur. Dafür wurden 25 EUR vom Nenngeld erstattet und man bekam ein Lunchpaket mit auf den Weg. Corona-typisch war auch mit erhöhtem Maskenaufkommen zu rechnen.

Im Vorfeld der Veranstaltung wurde man als Teilnehmer regelmäßig auf dem Stand gehalten und mit Informationen versorgt. Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Ecurie ist vorbildlich.

Am Morgen des 28.06. ging es dann endlich wieder los. Die letzte echte Rallye war im Oktober 2019 die Ruhrgebiet Klassik gewesen, irgendwie war man ja trotz virtueller Eskapaden aus der Übung. Nachdem die Temperaturen an den Vortagen noch bei schwülen 30 Grad gelegen hatten, war es am Veranstaltungstag eher kühl und zunächst auch leicht regnerisch. Zum Fahren angenehmer.

Der Start war auf dem Tivoli-Parkplatz in der Soers. Früher soll hier in der Gegend sogar mal recht erfolgreicher Fußball gespielt worden sein. Die Abnahme erfolgte geblockt und nicht streng nach Startnummer. Das war im Prinzip bekannt, aber führte trotzdem zu ersten Irritationen und einer relativ langen Schlange vor der Abnahmestation. Es funktionierte aber alles gut. Es gab die Fahrtunterlagen, zwei große Futtertüten sowie Aufkleber und Startnummer fürs Fahrzeug. Dann hatte man 15 Minuten Zeit fürs „Aufrödeln“ und los ging es auf die Strecke.

Das Prinzip in Aachen: Lange Strecken nach Chinesen ohne jede Kontrollen, dafür dann insgesamt 5 Wertungsprüfungen in geblockter Form. Die jeweiligen Aufgabenstellungen gab es immer erst direkt am Start zur WP. Man wusste also vorher nie genau, was einen erwartet. Nun, direkt am Start erwartete einen zuerst ein Kreisverkehr, den man auf 12 Uhr ausfahren sollte…. äh, das führt dann schon einmal direkt ins Verderben, hier auf die Krefelder Strasse. So konnte das nicht gemeint sein. Es gab jedoch fast immer die Angabe eines Straßennamens zu besseren Orientierung. So auch hier. Also schnell wenden und die passende Ausfahrt genommen… Danach passten die Chinesen immer sehr gut, man konnte sich eigentlich nicht verfahren.

Diese Aussage gilt aber nur für die Transportetappen. In den Wertungsprüfungen war das „Verfahren“ vom Fahrtleiter explizit erwünscht, um Fehlerpunkte vergeben zu können. Daher wurden in den 5 WP anspruchsvolle Kartenaufgaben und Zeitprüfungen kombiniert. So hatte man z.B. 10 oder 16 Minuten ab Start Zeit, um erst die Ori-Aufgabe zu lösen, und dann loszubrettern. Das Lösen während der Fahrt war eher nicht so ratsam…

WP 1 war direkt der Hammer. Auf einem Testgelände der RWTH in Melaten war ein hoch komplexer Parcours aufgebaut worden. Drei Zeitprüfungen in Reihe: Sollzeit, Gleichmäßigkeit und dann eine Runde Bestzeit. Ja, hier gab es tatsächlich eine Bestzeitprüfung. Problem waren aber weniger die Zeitprüfungen. Vielmehr gab es ein noch komplexeres Regelwerk mit diversen Hinweisen auf blaue und rote Linien sowie weisse Mauern, die man auf der Strecke nicht berühren oder queren durfte. Hierfür gab es dann üppige Fehlerpunkte… Noch größeres Problem: Die Aufgabenstellung gab es vom freundlichen Streckenposten durchs Fenster gereicht, man hatte ca. 30 Sekunden Zeit und dann musste man schon los. In dieser kurzen Zeit konnte man die Aufgabenstellung nicht wirklich erfassen. Diese umfasste ein komplett bedrucktes DIN A4-Blatt. Die Umsetzung eines Luftbildes mit Pylonen auf die reale Perspektive ist sowieso schwer. Hier unter massivem Zeitdruck eher unmöglich. Das fing ja gut an!

Erst nach der WP 1 hatten wir die Zeit, die Aufgabenstellung richtig zu lesen. Oh, den Kreisel hätte man zweimal durchfahren müssen.. Oh, dafür gab es 50 Strafpunkte! Die nächsten Kilometer und Minuten herrschte dann schweigender Frust im Fahrzeug. Eine Stunde unterwegs, noch keine einzige Kontrolle aufgeschrieben, aber WP1 schon verkackt und geschätzte 150 Fehlerpunkte. Haha. Da wünscht man sich fast die VFF zurück.

Die Aufgaben 2,3 und 4 waren dann aber konventioneller. Hier gab es präzise Kartenaufgaben, für die man aber nur ca. 10 bis 16 Minuten Zeit hatte. Die Aufgaben führten ausnahmslos durch Gewerbegebiete. Ob das hier der Stil ist oder den Auflagen der Behörden geschuldet?

Zwischendurch waren 15 Minuten Pause vorgesehen. Hier konnte man das Luchpaket inspizieren und einen Blick in das grandiose Tagebaugelände bei Inden werfen. Ein Besuch beim Indemann war aufgrund der behördlichen Auflagen leider nicht möglich.

Der wahre Höhepunkt der Rallye folgte am Schluss mit der Aufgabe 5. Eine Sollzeit-Ori über ca. 11 Minuten. Aber nicht irgendeine Ori, sondern eine Fischgräte des Grauens, bei der auch noch diverse Kreisverkehre eingebaut waren. Unter Zeitdruck kaum richtig zu lösen und es kam der Gedanke auf, hier dann doch ganz einfach abzubrechen. Zum Glück haben wir das nicht getan. Erst lösen, dann durchfahren, war hier die Devise und im Gegensatz zu anderen Teilnehmern lagen wir damit wenigstens nicht total falsch.

Dann noch durch die Lichtschranke und das Ende der Fahrt war gekommen. Puuh, auch kontaktlos war man ganz schön ins Schwitzen gekommen…

Das kontaktlose Konzept hat aus Teilnehmersicht voll überzeugt. Alles war dabei: Chinesen, böse Fischgräten, Baumaffen, komplexe Zeitprüfungen, Slalom! Hier musste man als Teilnehmer auf nichts verzichten. Ja, es gab kein gemeinsames Frühstück, Mittag-/Abendessen und keine Vor-Ort Siegerehrung. Aber dieses kompakte Format hat auch Vorteile: man muss z.B. nicht stundenlang in irgendwelchen Autohäusern ausharren, bis die Ergebnisse stehen. Wir haben uns z.B. in Aachen am Markt noch mit anderen netten Teilnehmern getroffen und hatten auch während der Fahrt viel Spaß.

Als externer Teilnehmer hätte ich mich noch sehr über etwas „Besonderes“ als Präsent oder Give Away gefreut: ein Aufkleber, eine Plakette, etc. – damit hätte der besondere Charakter dieser Fahrt als „kontaktlose Premiere“ unterstrichen werden können. Kann aber auch sein, dass man sowas in Aachen unnötig findet. Mein Eindruck ist, dass es hier betont sportlich zu geht und für solchen „Firlefanz“ ggf. kein Bedarf gesehen wird.

Durch die kombinierten Ori-/Zeitprüfungen hatten wir insgesamt ständig das Gefühl, nicht wirklich zu wissen, was der Fahrtleiter jetzt von einem will. Es wurde erkennbar darauf gesetzt, die Teilnehmer mit den sehr engen Zeitvorgaben unter Druck zu setzen. Das hat bei uns wunderbar funktioniert, wir haben Fehler gemacht, die wir bei ruhiger Betrachtung jedenfalls nicht machen würden. Eine ausgewogenere Mischung hätte besser gefallen.

Die Lösungen waren aber sehr transparent bzw. nachvollziehbar und grundsätzlich machbar. Die Bewertung war sehr fair. So wurde z.B. die Aufgabe 1 im Vergleich zu den anderen WP geringer gewichtet (und wir hatten auch keine 150 Fehlerpunkte)

Fazit:

Als eine der ersten kontaktlosen Fahrten ein voller Erfolg und dringend zur Nachahmung für anderen Clubs empfohlen. Die Aufgabenstellungen selber haben uns weniger gefallen/gelegen (das bedingt sich ja gegenseitig). Jeder Veranstalter hat da so seine eigenen Vorstellungen, andere Teilnehmer können das ganz anders sehen. Insofern Geschmackssache 😊