Die zweite Independent Herbst Ori fand bei Temperaturen um ca. 20 Grad statt, also eher eine Spätsommer-Ori. Bei diesen „wüstenartigen“ Temperaturen stieg auch die Wahrscheinlichkeit, ein behöckertes Wüstenschiff zu sehen. Das aber genau gilt es hier ja zu vermeiden. Bei all meinen Fahrten mit Jörg seit den Anfängen bei der Hasten Historik habe ich es geschafft, wirklich jedes Mal einen Kamelstempel zu bekommen. Das ist eine Leistung, auf die ich keineswegs stolz bin.
Der Start war wie im Vorjahr im Remscheid beim BMW Kaldenbach. Eine wirklich großartige BMW-Vertretung, alles sehr edel gestaltet. Brötchen und frisch gemahlenen Kaffee gab es inklusive, dazu der Blick auf einen neuwagenartigen BMW M1. Hammer. Auch der Hammer war die Begrüssung. Roland Kaiser dröhnte aus den Boxen und vom Fahrtleiter wurde ich dazu in grell-pinker Ballonseide eng angetanzt. Satan! Hier hatte sich jemand die amateurhafte Kritik an der historischen Rallye-Beinbekleidung aber sehr zu Herzen genommen. Ein großer Spass und ich bin mir nicht sicher, wie das normale Publikum im Autohaus sowas bewertet hat 🙂 Oberbergischer Karneval mit Oldtimern? Als weiterer Prolog folgte noch – endlich – die Siegerehrung zur 2. Independent Sommer Ori, wobei ein Team aus Nord-OWL leider nicht anwesend sein konnte. Wunderbare, sehr liebevoll individuell gestaltete Preise. Das ist Benchmark von HR und HG.
Dann aber wurde es Ernst. Um 12:15 bat der rosarote Fahrtleiter zur kurzen Fahrerbesprechung. Also, wie immer: „alles gaaaaanz einfach“. Daher gab es auch einen Zuschlag von 15 Minuten auf die Organisationszeit, also 4 Stunden 15 Minuten. Klar, weil es soooo einfach ist. Dann noch eine neue Version vom Fahrerbrief, wobei mir zumindest nicht ganz klar wurde, was denn jetzt geändert worden war (Es war der Passus: „Bei Luftbildern kann auch nach Natur gefahren werden“). Apropos Fahrerbrief: hier gab es Besonderheiten, nämlich keine allgemeine Einbahnstrassenregelung und auch kein Kreuzugsverbot. Das ist bei Ori-Fahrten durchaus nicht unüblich, bei Oldtimerrallyes jedoch schon. Also, Umdenken erforderlich. Gerade das EBS ist bei mir im Hirn schon fast fest verdrahtet, also hier und heute eine mögliche Fehlerquelle. Als Kontrollen waren DK, Baumaffen und die grünen Weilerschilder vorgesehen, nicht jedoch die gelben Ortseingangsschilder.
Um 12:34 ging es dann auf die Strecke. Das Roadbook gab es Independent-mäßig erst direkt am Start, also erst einmal rechts ran und die Unterlagen studieren.
Hartwig hat es zu meiner Winter Ori dieses Jahr formuliert, und so war es heute für mich: Wenn man sich am Anfang schon schwer tut, in die Aufgaben / die Veranstaltung rein zu finden, dann kann es ganz schön hart werden. Die erlaubte Gegenläufigkeit machte mir also ab Start zu schaffen, zudem war gerade hier das Kartenmaterial ziemlich mies.
Das Volksbankgelände kannte ich noch vom Vorjahr und danach ging es direkt in die wunderbare bergische und bergige Landschaft. Diese zu bewundern blieb meinen Fahrer überlassen, denn als Beifahrer kämpfte man mit dem Ende der Aufgabe. Glasklar ein Pfeilwurm. Aber danach war ja noch ein rotes Aufgabenteil – also eine weitere Überlappung und nochmal über Buchholzen und ein „Bu“ notiert. Nachher im Ziel erfahren: nein, das war falsch. Denn es war noch nicht mal ein Pfeilwurm, geschweige denn danach noch ein Aufgabenteil. Die Karte war hier nur so schlecht bzw. derartig „rot“, dass das als Teilnehmer nicht mehr auseinander gehalten werden konnte. Hier kreiselten schon einige Teilnehmer und/oder hielten am Fahrbahnrand.
Auch bei uns wurde klar, das wird kein Zuckerschlecken und mit der Zeit wird es eng. Aufgabe eins!!!
Ähnlich ging es weiter in Aufgabe 2. Hier stand im Text „Folgen Sie den eingezeichneten Pfeilen, etc. von A bis E…“. Etc.? Was war nun damit gemeint? Offenbar auch Striche und Punkte, aber dann kann man das so auch schreiben.
Im Industriegebiet gab es nicht nur einen Kartenfehler, sondern auch zwei rote Punkte. Welcher war nun näher erreichbar? Alleine die Klärung dieser Frage hat uns bestimmt 15-20 Minuten Zeit gekostet. Nachdem alles Abmessen auf der Karte „Gleichstand“ erbrachte, sind wir beide Entfernungen mit dem Tripmaster abgefahren. Differenz: 270 zu 290 Meter. Wie soll man das bitteschön auf der Karte erkennen können? Auch die Position des 7. Aufgabenteils konnte man auf der Karte nicht erkennen. Hier musste man die „Natur“ abwarten, dann war es klar: eine Schleife über den nachgezeichneten Parkplatz und dann nach Ober- und Unterdurholzen… Ja, ich habe es schon öfters geschrieben: im Bergischen Land haben die menschlichen Ansiedlungen gar komische Namen.
Hinter Süppelbach der nächste „Aufreger“. Auf einem labyrinthartigen Parkplatz stand eine Stempelkontrolle. Oh, ein Kamel?? Nein, nur ein „S“. Aber: einmal oder zweimal? Auch hier lange Wartezeit und Rauchen der kleinen grauen Zellen. Für mich auf Basis des Roadbooks nicht eindeutig lösbar. Wie soll ich bei einem Google Maps-Luftbild seriös die Entfernung auf 10, 20 oder 30 Meter messen? Also nachgedacht. Da hier kein EBS vorgeschrieben war, interpretierte ich die Strecke erneut über die DK als Falle, zudem wohl länger. Also nur einmal „S“ — bäääm. Falsch. Auch das stellte sich aber im Ziel heraus. Den „Magnus Korff-Gedächtnis-Orden“ wollte Herr S. aus R. aber dann doch nicht annehmen…
Wir halten fest: nix mit langsam einfahren. Bereits nach 3 Aufgaben einige Zeit verloren und Strafpunkte aufs Konto gebucht. Ja, wenn man am Anfang nicht den Einstieg findet…
Aber, es sollte noch „besser“ kommen. Denn bereits seit einigen Seiten wurde im Roadbook auf die „bald kommende“ Fischgräte aufmerksam gemacht. Ich wiederhole mich: das ist kein schönes Tier und wirklich ekelig. Vor allem, wenn sie so lang ist wie im Aachener Braunkohlerevier. Kurz vor besagter Gräte musste man aber noch eine Schleife über den Parkplatz vom ehemaligen (?) Freibad Dhünn drehen. Hier war ich doch schon mal… haha, ja und auch heute standen hier Damen und Herren mit dem Kamelstempel. Heute haben wir uns den aber nicht gefangen, ätsch, auch wenn der Herr Fahrtleiter mit dem Aufgabenteil 5a noch extra Verwirrung gestiftet hat.
Danach nun also die Fischgräte mit insgesamt 7 Abzweigungen. Vorher war noch ein Pfeilwurm zu fahren, also ganz schön viel fieses Getier auf einmal. Letztlich konzentrierte sich „alles“ auf eine Kreuzung an der L68. Die Karte war wieder eher schlecht, aber: deutlich erkennbar war ein Kartenfehler. Denn in Natur gab es hier 2 „Bauminseln“ , auf der Karte aber derer keine. Zur Fischgrätenaufgabe gab es leider keine Erläuterung. Ich meine: diese war nur nach Natur, aber nicht nach Karte lösbar. Letzteres war aber lt. Fahrerbrief die Aufgabenstellung. Hier an dieser Kreuzung versammelten sich diverse Teilnehmer zum großen Rätselraten. Ohne die Anfertigung einer eigenen Skizze würde wir dort wahrscheinlich immer noch stehen. Aber, hatte man einmal realisiert, dass die Fischgräte wirklich nur an dieser einen Kreuzung statt fand, dann hatte man den Schlüssel zur Lösung doch schon in der Hand.
Gepflegtes Luden-Picnic mit Fischgeschmack…
Spätestens jetzt war man entweder eingefahren, oder schon kurz vorm Aufgeben…
Aufgabe 5 fand ich sehr gut gemacht, hier musste man in Wipperfeld erst erkennen, dass man trotz „Sackgasse in 200 m“ weiter fahren konnte und dann im Ort noch zwei geschickt platzierte Kontrollen mitnehmen. Nicht nur hier ereilte mich ein Deja Vu. Mit der Hasten Historic war man hier auch schon gewesen, und es hilft doch immer wieder, wenn einem die Gegend nicht total unbekannt ist.
In Aufgabe 6 fand man das nächste Rätsel: An einem Dreieck die „10“. Aber: rechtsrum oder linksrum? Das war wieder eine Frage der kürzesten Strecke, die wir lt. Karte nicht eindeutig lösen konnten. Nach eingehender Diskussion kamen wir zum Schluss, dass es so gemeint war, die „10“ doch aufzuschreiben. Im Ergebnis war das auch tatsächlich so „gemeint“, die Kontrolle wurde aber dennoch neutralisiert, da wirklich nicht eindeutig.
Nun weiter zu Aufgabe 7, die Uhr tickte schon bedrohlich runter. Sicherlich ein Höhepunkt dieser Fahrt, neben der Fischgräte. Hier gab es erweiterte Regeln zu beachten: Pfeile nach dem ersten Befahren nur teilweise gegenläufig und Striche nach dem ersten Befahren nur noch teilweise befahren erlaubt. Zudem waren hier auch „alle“ (!!) gelben Ortseingangschilder an der Strecke aufzuschreiben. Alle? Genau – das ist rechts und links. Grüne Weilerschilder hingegen nur rechts. Es rauchte wieder auf der Beifahrerseite…
Zwischen Remshaben, Fenke und Eichholz dann Gekurve durch ein Gewerbegebiet… ganz grosses Ori-Kino. Leider habe ich im Anschluss die „5“ notiert, obwohl man hier rechts über den Parkplatz hätte fahren sollen. Nunja…
Weiter zu Aufgaben 8 bei Schloss Heiligenhoven, nun galt – nur in dieser Aufgabe – auch das Einbahnstrassensystem. Auf dem Parkplatz „kleine Turnhalle“ lauerte der Fahrtleiter mit einer DK. Oha, wieder Kamelalarm. Man durfte sich durch die in Gegenrichtung positionierte DK aber nicht irre machen lassen. Zweimal „9“ und weiter. Zweimal oder dreimal die „7“. Das war nun die Frage. Hier hatte ich wieder einen Kurzschluss und somit fehlte uns eine weitere Kontrolle… oje. Man muss aber auch sagen: super gut gemacht vom Fahrtleiter.
In Aufgabe 10 ging es dann langsam, aber sicher in Richtung Ziellokal. Aber obacht, auch hier waren wieder Fallen versteckt. Über den Parkplatz vom Restaurant mit „6“ und „8“. Das „N“ war negativ und in Schmeisig Neschen (was sind das für Namen!) noch mal eine Schleife.
Ein echtes Highlight ist immer wieder die Vorbeifahrt am Altenberger Dom. Wunderschön! Kurz vor dem Ziel noch durch „Glöbusch“. Hier irritierten Strich-Punkt-Strich auf der Strecke, was aber wirklich nur zur Verwirrung so gezeichnet war. Im Ort selber war dann aber doch noch eine Schleife über den Parkplatz zu drehen. Auf kleinen Strassen erreichten wir dann mit 14 Minuten über der Zeit das Ziellokal „Kaup“. Hier wurden wir vom Personal schon sehnsüchtig (?) erwartet. Vom ausgewiesenen Parkplatz wären wir vermutlich nie wieder runter gekommen, also haben wir, wie alle anderen auch, direkt an der Strasse geparkt.
Die Verpflegung war top (edel-Schnitzel), die Atmosphäre aber teilweise etwas chaotisch. Egal, die Gespräche drehten sich sowieso mal wieder weniger um Benzin, als um die Streckenfindung. Diese war heute doch erkennbar anspruchsvoll gewesen!
Wir kommen somit zum FAZIT …
Sehr anspruchsvolle Orientierungsfahrt, die sicherlich sportlichen Charakter hatte. Bei bestem Wetter ging es über eine landschaftlich wunderschöne Strecke. Viele sehr kniffelige Aufgaben, der Fahrtleiter hat sich erkennbar viel Arbeit gemacht! Vielleicht sogar zuviel? 115 km Idealstrecke sind eine Hausnummer, diese Fahrt hat so manche „echte“ Oldtimer-Rallye in den Schatten gestellt. Für mich persönlich gab es zu viele „50:50 Aufgaben“, bei denen die kürzeste Strecke nicht wirklich eindeutig erkennbar war. Aber, siehe Eingangsstatement, das mag auch daran gelegen haben, dass ich bereits mit Aufgabe 1 zu kämpfen hatte.. Bei Jörg war es im übrigen noch nie „einfach“ und in der Tat habe ich mir dieses Jahr zum ersten Mal überhaupt kein Kamel eingefangen!