Die „Haserundfahrt“ des AC Bramsche war/ist ein fester Bestandteil der Orientierungsszene. Der Name kommt übrigens nicht von einem Tier, sondern vom Gewässer „Die Hase“, ein Zufluss der Ems, die z.B. auch durch Osnabrück fliesst. In der Vergangenheit konnten wir hier schon an sehr gelungenen Orientierungsfahrten teilnehmen (siehe u.a. hier). Neben den sehr schönen ländlich geprägten Strecken konnten immer wieder das kristall-klare Roadbook, die eindeutigen Aufgabenstellungen sowie eine professionelle Auswertung überzeugen.
2020 hat nun „Du weisst schon wer“ auch die Haserundfahrt erwischt. Während seit Mitte des Jahres diverse Veranstaltungen kontaktlos oder kontaktarm nach einem „Hygienekonzept“ -erfolgreich- durchgeführt werden, sah sich der AC Bramsche dazu bewegt, aufgrund der Situation im Start-/Ziellokal, die reale Fahrt abzusagen und auf ein virtuelles Konzept umzusteigen. Hier gibt es dann natürlich noch weniger „sozialen Kontakt“, nämlich null. Zeitgleich zur virtuellen Haserundfahrt fand übrigens in Bremerhaven die „Klassik Rallye“ statt, in Dortmund die „ADAC Youngtimer Tour“, und die „Rosen Rallye Historic“ zw. Nord- und Ostsee über 600 km bietet sogar ein Gala-Dinner (wenn auch im Corona-Style).
Wohl aufgrund der entfallenen Anfahrt war die Starterliste ungewöhnlich lang, wobei fast die gesamte „Ori-Prominenz“ vertreten war, jedoch nur wenige „normale Oldtimerfahrer“.
Für ein sehr schlankes Startgeld bot die Virtuelle Ausgabe dann (mit Ausnahme der schönen Landschaft und der Schnitzelschlacht) genau das, wofür man im Bramsche bekannt ist (s.o.): Klare, abgestufte Ori-Aufgaben in den Klassen S/N, A/AK, B und C. Ein wenig Hase-Flair kam so schon auf. In der Klasse A musste man somit auch nicht mit überzogenen Ori-Experimenten rechnen, sondern mit einem eher normal-anspruchsvollen, angemessenen Niveau. Es gab einen ausführlichen Fahrerbrief mit allen Regeln, die das Übliche boten, also Einbahnstrassensystem, Kreuzungsverbot, Veranstaltermarkierungen, Pfeilwurm, …:-).
Nicht im Fahrerbrief, sondern der Ausschreibung stand der Satz „Alle OKs aus der aktuellen Aufgabe und den schon gefahrenen Aufgaben sind zu berücksichtigen“. Das war dann schon ein wenig tricky, vor allem weil dieser Hinweis dem Fahrerbrief nicht zu entnehmen war. Im Laufe der „Fahrt“ musste man dann zwei Mal in aufeinander folgenden Aufgaben diese Regel beachten. In der ersten der jeweiligen Aufgaben wurde dann eine Spur gelegt, eher einfach. Und in der nachfolgenden Aufgabe durchfuhr man das selbe Gebiet und musste die potenziellen Gegenläufigkeiten erkennen. Dazu dann noch die Kontrollen der Vor-Aufgabe notieren.
Ansonsten konnte man die Aufgaben recht flüssig lösen. Hierfür hatte man von 16.00 Uhr bis 23.59 Uhr am 03.10. die offizielle Zeit. Finale Abgabe war aber erst am Sonntag 04.10. 23.59 Uhr erforderlich. Für eine Abgabe nach den normalen 8 Stunden gab es dann Strafpunkte, die aber so minimal bemessen waren, dass dies nicht zur übertriebenen Hektik verleitete. Es gilt aber auch die Erfahrung: wenn man ein gutes Gefühl hat, ist das meistens eher ein schlechtes Zeichen 🙂 Warten wir es ab…
Äh, ja, gutes Stichwort. Warten. Nach Abgabe der virtuellen Bordkarte herrscht erst einmal Ungewissheit. Man bekommt zum einen keine Eingangsbestätigung, was eine Rest-Unsicherheit bestehen lässt. Es gibt aber auch keine Übersicht der Rückläufe im Internet, wie z.B. bei der VFF. Der Blick in die Ausschreibung folgt, und da steht: „Wir hoffen, dass wir eine zeitnahe Auswertung der Fahrt hinbekommen, sodass am folgenden Wochenende ein Ergebnis veröffentlicht werden kann“. Oha!
Tatsächlich wurden die Ergebnisse und ausführliche Musterlösungen dann tief in der Nacht online gestellt. Mit 80 gewerteten Strafpunkten bin ich nicht wirklich zufrieden, mit Platz 4 aber natürlich schon (und der Sieger der Klasse A hat auch 70 Strafpunkte, es war also sehr eng). In BK 1 war ich sehr gut unterwegs, in BK 2 nicht mehr. Ggf. hat da auch die Konzentration nachgelassen. Insgesamt hat es in allen Klassen viele Fehlerpunkte gegeben (gerade auch B und C), das spricht für eine anspruchsvolle Aufgabenstellung.
Anspruchsvoller, als man zunächst ggf. dachte. Man musste zum Teil wirklich Adleraugen haben, da habe ich teilweise geschwächelt, auch wenn ich die Aufgabenstellung im Prinzip erkannt habe. Etwas irreführend konnte teilweise die Platzierung der Kontrollen sein. Hier musste man sehr genau darauf achten, wo der dünne blaue Strich hinzeigt. Und am Ende der Aufgaben kam noch ein großer „Fahrtleiterscherz“. Evtl. Veranstaltermarkierungen waren ja angekündigt. Und, in der letzten Aufgabe kamen diese dann auch, aber etwas anders als man dachte… Während z.B. die „6“ eindeutig die Strecke sperrte, bzw. sperren sollte, musste die „10“ so interpretiert werden, dass hier ein Teil auf der Strecke liegt und daher ein Aufgabenteil ist. Das erinnert an Herford diese Jahr, hier in Bramsche war es aber Absicht. Rein auf Basis des Fahrerbriefes hätte das m.E. eindeutig eine Veranstaltermarkierung sein müssen, aber nunja, solange man nicht in eine Sackgasse einfahren und wenden soll, wie damals bei der ökologischen Rallye, sei auch den Fahrtleitern ihr Spaß gegönnt 🙂
Holzauge sei wachsam. Die 72 ist hier negativ, da sie auf der linken Seite steht; der blaue Pfeil ist zu beachten. Leider falsch gesehen.
Veranstaltermarkierung: die „6“ liegt auf der
Straße, die dadurch gesperrt wird. Klar.
In der gleichen Aufgabe diese „10“. Laut Musterlösung keine Streckensperrung durch Veranstaltermarkierung, da „ein Strich auf der Straße liegt“. Aha. Das sind so die Ori-Feinheiten…
Fazit: Der Neuigkeitsgrad der virtuellen Oris hat natürlich nachgelassen und so verlief die Haserundfahrt auch rein digital sehr reibungslos und wurde gewohnt professionell organisiert. Das herbstliche Ambiente vor Ort im Umfeld von Hesepe bzw. im südlichen Artland hat jedoch sehr gefehlt. Auf Dauer sind rein virtuelle Fahrten kein Ersatz für das Fahren in real, auch wenn es so gut gemacht ist wie vom AC Bramsche.